Thursday 1 April 2010

Kapitel 81 bis 90


Die Welt lebt durch Güte
Die indische Spruchweisheit des «Tirukkural»
Aus dem Tamil übersetzt von: Albrecht Frenz und K. Lalithambal

Kapitel 81. Vertrautheit
801.           
Fragt man, was Vertrautheit ist: Freundschaft, die durch ihr Vorrecht der Verrraulichkeit nicht verletzt.
802.           
Ein Aspekt der Freundschaft ist das Vorrecht, das man sich nehmen kann - sich über ein solches Recht zu freuen ist Pflicht des Weisen.
803.           
Was ist der Nutzen langer Freundschaft, wenn jemand nicht das Vorrecht der Ventrautheit haben kann ?
804.           
Tun Freunde ungefragt etwas aus dem Vorrecht der Freundschaft heraus, sind die Weisen erfrcur und verschreiben sich ihnen.
805.           
Tun Freunde etwas Schmerzliches, soll es nicht als töricht verstanden werden, sondern aus dem Vorrecht der Vertrautheit heraus.
806.           
Wer in den Banden der Freundschaft stehi» gibt alte Freundschaft nich i auf-auch dann nicht, wenn er verletzt wird.
807.           
Selbst wenn sie durch ihre Freunde zugrunde gerichtet werden, verlieren wahrhaft zugeneigte Freunde ihre Liebe nicht.
808.           
Wer das Vorrecht der Freundschaft kennt und nicht auf Gerüchte hörr, freut sich an dem Tag, da seine Freunde einen Fehler begehen.
809.           
Die Welt liebt den, der die Freundschaft mit alten Freunden nicht aufgibt.
810.
Wer die Freundschaft mit rreucn Freunden nicht aufgibt, wird selbst von seinen Feinden geliebt.

Kapitel 82. Schlechte Freundschaft

811.           
Verseht Freundschaft mit Niedrigen, die verehrend heucheln, ist es besser, als daß sie gedeiht.

812.           
Was mache es, Freundschaft zu gewinnen oder zu verlieren mit einem, der nur auf Gewinn aus ist.

813.           
Ein Freund, der auf Gewinn aus ist, eine Prostituierte, die scharf auf Geschenke ist, und ein Dieb - sie sind sich alle gleich.

814.           
Lieber keine als eine Freundschaft mit dem, der wie ein uneingerittenes Pferd ist, das im Krieg davonrennt und seinen Reiter abwirft.

815.           
Lieber keine als böse Freundschaft mit Niedrigen, die in Not nich: helfen.

816.           
Es ist viel besser, mis einem Weisen Feindschaft zu haben, als die vertrauliche Freundschaft mit einem Narren.

817.           
Feinde bringen weit mehr ein als Freundschaft mit Spöttern.

818.           
Schweigend gib die Freundschaft mit solchen auf, die so tun, als seien sie unfähig zu einer Handlung, die sie tun können.

819.           
Auch nur im Traum ist Freundschaft mit einem schlecht, dessen Worte sich von seinen Taten unterscheiden.

820.           
Vermeide auch die geringste Freundschaft mit denen, die daheim lieben, aber öffentlich Verleugnen.

Kapitel 83. Falsche frenndschaft

821.           
Freundschaft mit solchen, die ohne wirkliche Zuneigung sind, ist wie das Zuschlagen auf den Amboß im rechten Augenblick.

822.           
Freundschaft mit vorgeblichen Freunden ändert sich gleich dem Denken einer Prostituierten.

823.           
Mögen sie auch noch so viele gute Bücher meistern - freundlich im Herzen zu sein fällt Feinden schwer.

824.           
Die Betrügerischen muß man fürchten - die mit einem süßen Lächeln im Gesicht und bösem Herzen.

825.           
Man soll solchen überhaupt nicht trauen, die keine Liebe im Herzen haben.

826.           
Mögen sie auch wie Freunde sprechen - die Worte der Feinde werden schnell verstanden.

827.           
Schenke demütigen Worten von Feinden keinen Glauben - das Spannen des Bodens ist für Übles.

828.           
In den aneinandergelegten Händen der Feinde können sich Waffen verbergen - Tranen sind auch von dieser Natur.

829.           
Wer große äußere Liebe vortäuscht und innerlich schmäht - laß es mit dessen Freundschaft genug sein und beende sie!

830.           
Dann, wenn die Feinde um Freundschaft nachsuchen - sei Freund mit dem Gesichr, ohne Liebe im Herzen, und gib auch sie bei Gelegenheit auf.

Kapitel 84. Torheit

831.           
Fragt nidn, was Torheit ist: Verlust erwerben und Gewinn fahren lassen.

832.           
Die größte Torheit ist, sich am Tun des Verbotenen zu erfreuen.

833.           
Schamlosigkeit, Faulheit, Lieblosigkeit und Vernachlässigen von allem - diese vier sind die Eigenschaften eines Toren.

834.           
Wer liest, versteht und auch andere lehrt, aber selbst nicht danach wandelt - es gibt keinen größeren Toren als diesen.

835.           
Ein Tor kann sich in einer Geburt die Hölle herbeiführen - er betritt sie und erleidet alle sieben Geburten.

836.           
Ein Tot scheitert, der etwas unternimmt, ohne zu wissen, wie er es tun soll - das ist noch nicht alles: Er ist auch in Ketten gebunden.

837.           
Erwirbt ein Tor große Glück- seine Angehörigen hungern, während sich Außenstehende freuen.

838.           
Erivirbt ein Tor eine Steifung, ist dies wie das Berauschtsein eines bereits Verrückten.

839.           
Die Freundschaft nur Toren ist sehr gut – sie schmerzt überhaupt nicht bei Trennung.

840.           
Der Eintritt eines Toren in die Versammlung der Weisen ist, wie sich mit ungewaschenen Fußen ins Bett zu legen.

Kapitel 85. Unwissenheit

841.           
Der Mangel an Weisheit ist der größte Mangel - die anderen Mängel erkennt die Welt nicht als solche an.

842.           
Eines Unwissenden Grund, mit erfreutem Herzen zu geben, beruht ausschließlich auf den guten Taten des Empfängers.

843.           
Die Leiden, die sich Unwissende selbst zufügen, können ihnen nicht einmal Feinde antun.

844.           
Fragt man, was Mangel an Weisheit ist - es ist der Dünkel zu sagen: «Wir haben Weisheit.»

845.           
Gibt einer vor zu wissen, was er nicht gelernt hat, zweifelt man auch an dem, was er sorgfältig gelernt haben will.

846.           
Es ist töricht zu meinen, daß man mit dem Bedecken seiner Nacktheit auch seine Fehler ausmerzen könne.

847.           
Ein Tor fügt sich selbt großen Schaden zu, wenn er ausgezeichneten Rat mißachtet.

848.           
Wer nichts auf einen Rat gibt und nichts weiß - solch ein Leben ist eine Krankheit bis zum Tod.

849.           
Wer sich daran macht, einen Toren zu belehren, ist selbst ein Tor - der Tor sieht es entsprechend seiner Erkenntnis.

850.           
Wer bestreitet, was die Leute der Welt für wirklich halten, wird für einen Geist aul Erden gehalten.

Kapitel 86. Feindschaft

851.           
Die Krankheit, die das Übel der Uneinigkeit überall wachsen laßt, wird als Feindschaft: betrachtet,

852.           
Mag auch einer aus Uneinigkeit unfreundliche Dinge tun - es ist besser, kein Übel in Erwiderung zu begehen.

853.           
Gibt einer die schädigende Krankheit der Feindschaft auf, verleiht dies unvergänglichen und untadeligen Rühm.

854.           
Vernichtet einer das größte Elend «Feindschaft», bringt ihm das höchste Freude.

855.           
Wer dächte daran, den zu überwinden, der die Feilädschaft verbannt:

856.           
Wer Feindschaft zu sehr preisi - sein Leben scheuen und verdirbt bald.

857.           
Wessen Urteil durch schmeichlerische Feindschaft geifübt ist, erkennt die tinmiphierende Natur der Wahrheit nicht.

858.           
Gegen Feindschaft zu sein bringt keinen Gewinn-sie großzuziehen bringt Verderben.

859.           
Denkt jemand nicht an Feindschaft – sobald Reichtum da ist, denki er so sehr daran, daß sie ihm Verderben bringt.

860.           
Alle Übel fließen aus der Feindschaft – aller Reichtum der Tugend kommt aus Freundschaft.

Kapitel 87. Macht der Feindschaft

861.           
Vermeide Feindschaft gegen Starke - schätze Feindschaft gegen Schwache.

862.           
Wer ohne Liebe, ohne mächtige Hilfe, ohne Tapferkeit und auch ohne Kraft ist - wie vermag der die Mac h l der Feinde zu überwinden?

863.           
Wer zaghaft ist, unwissend, nicht umgänglich und gejzig, ist eine leichte Beute für seine Feinde.

864.           
Wer nicht frei von Ärger ist und seine Geheimnisse nicht bei sich behält, ist allen eine leichte Beute -immer und überall.

865.           
Kennt einer nicht, was kommt, tut nichts für den Sieg, sorgt sich nicht um Schande und hat keine guten Eigenschaften - der ist seinen Feinden eine leichte Beute.

866.           
Wer in seinem Zorn die Wahrheit nichi sieht und in Wollust dahinlebt, dessen Feindschaft wird geschätzt.

867.           
Wer sein Werk beginnt, aber tut, was diesem abträglich ist, dessen Feindschaft soll man sich erhalten - selbst wenn man etwas dafür giby.

868.           
Der bleibt freundlos, der keine guten, dafür aber viele schlechte Eigenschaften hat - er ist seinen Feinden eine willkommene Handhabe.

869.           
Geraten sie an einen Toren und Furchtsamen, gewinnen die Feinde übermütige und endlose Freude.

870.           
Niemals scheint das Licht des guten Rufes dem, der nicht einmal eine Kleinigkeit aus der Feindschaft mit einem unwissenden Toren gewinnt.

Kapitel 88. Kennen der feindlichen Fähigkeit

871.           
Das Übel «Feindschaft» soll man nicht begehren, nicht einmal im Scherz.

872.           
Auch wenn du dir die Feindschaft von Bogenrasslern zuziehst - zieh dir niemals die Feindschaft der Wortrassler zu.

873.           
Der ist ein schlimmerer Narr als der Verrückte - wer sich die Feindschaft vieler zuzieht, selbst aber allein steht.

874.           
Die Welt erhält sich an der Größe des ausgezeichneten Mannes, der selbst Feindschaft in Freundschaft verwandelt.

875.           
Wer hilflos und allein steht gegen zwei Feinde, sollte einen davon zu einem ihm wohlgesinnten Verbündeten machen.

876.           
Hat einer seinen Feind im Unglück auf die Probe gestellt oder nicht - er soll so handeln, als wolle er sich weder mit ihm vereinen noch sich von ihm trennen.

877.           
Klage deinen Kummer denen nicht, die nichts verstehen - weise nicht auf deine Schwachheit hin vor deinen Feinden.

878.           
Hütet sich einer, kennt er die Weise zu handeln und macht sich selbst Mut - der Stolz der Feinde vergeht.

879.           
Hau den dornigen Busch ab, solange er jung ist - ist er hart, verletzt er die Hand des Fällers.

880.           
Wer den Stolz seiner Feinde nicht zerstört, ist nicht einmal des Atmens wert.

Kapitel 89. Innere Feinde

881.           
Sogar Schatten und Wasser sind schlecht, wenn sie Schmerz verursachen - ebenso Angehörige, wenn sie Schmerz verursachen.

882.           
Fürchte nicht die Feinde mit dem Schwert -fürchte die Freundschaft der Feinde, die wie Freunde handeln.

883.           
Hüte dich und fürchte die inneren Feinde – sonst hauen sie unfehlbar zu wie das Messer des Töpfers an dünner Stelle.

884.           
Heimliche Feindschaft in einem ungebesserten Geist führt zu vielen Übeln und zur Entfremdung unter Angehörigen.

885.           
Das Aufkommen einer inneren Feindschaft unter Angehörigen führt zu vielen tödlichen Vergehen.

886.           
Beginnt eine innere Feindschaft unter Angehörigen, ist es immer schwer, ihr zu entkommen.

887.           
Eine in sich verfeindete Familie kann nicht vereinigt werden - selbst wenn sie miteinander verbunden ist wie Deckel und Schachtel.

888.           
Die Stärke einer in sich verfeindeten Familie wird abgenutzt wie Gold, das mit der Feile bearbeitet wird.

889.           
Wie gering innere Feindschaft auch sein mag – sie bringt Verderben wie der Schlitz im Sesamsamen.

890.           
Ein Leben mit Unverträglichen gleicht dem Leben in einer Hütte mit einer Kobra.

Kapitel 90. Nichtverletzen des Großen

891.           
Die Stärke der Tatkräftigen nicht zu verachten ist der sicherste Schutz vor Übeln.

892.           
Dem Großen keinen Respekt zu bezeigen bringt ständigen Kummer.

893.           
Höre nicht auf die Großen, wenn du Verderben suchst - wenn du den Tod willst, verletze einen Tatkräftigen.

894.           
Verlern der Unfähige den Fähigen, gleitht dies dem Anrufen des Todesguttes mit Zuwinken.

895.           
Wer sich den Zorn eines mächtigen Königs zugezogen hat, lebt nicht, wohin er auch gehen mag.

896.           
Es gibt ein Entrinnen für den, der durch das Feuer verbrannr wird - es gibt kein Entrinnen für den, der den Großen beleidigt.

897.           
Was nützt ein Leben, das in allem glänzt und voll überschwenglichen Reichtums ist, wenn man sich den Zorn eines großen Mannes zuzieht?

898.           
Wer auf dieser Erde für immer zu bestehen stheint, geht völlig zugrunde, wenn er den hügelgleich Großen jemals für klein ansieht.

899.           
Werden solche mit hohen Tugenden zornig, verliert selbst der König sein Königreich und geht zugrunde.

900.           
Werden solche mit großer Buße zornig, können selbst die mit einer großen Festung nicht entfliehen.

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